Bericht aus 2018/19 „Eine Erfahrung, die kaum in Worte zu fassen ist!“

Ich möchte darauf hinweisen, dass der Bericht alleine auf meinen subjektiven Erfahrungen und Erlebnissen basiert und auf keinen Fall auf andere Freiwillige, das Land Ghana oder den Kontinent Afrika pauschalisiert werden sollte. (Code of Conduct)

Einmal in einem anderen Land in einer komplett unbekannten Kultur leben und neue Erfahrungen sammeln. Das war schon immer ein großer Traum von mir.
Also entschied ich mich dafür, nach meinem Abitur einen Freiwilligendienst im Ausland zu absolvieren. Ich bewarb mich bei der Entsendeorganisation „das Eine Welt Netz NRW“ das zu der Organisation „weltwärts“ gehört.
Nach meinem Skype Gespräche mit dem Vorsitzenden Djiby Diouf des Eine Welt Netzes stand fest, dass ich mein kommendes Jahr im Anidaso House verbringen würde.
Die Entsendeorganisation unterstützte uns sehr, was Flugbuchung, Visum, Impfungen und vieles weitere betraf. Außerdem fanden zwei Vorbereitungsseminare statt, in denen wir alle möglichen Themen, die mit einem Freiwilligendienst zusammenhängen, behandelt haben. Außerdem lernte ich viele andere Freiwillige kennen, mit denen ich auch in meinem Jahr über viel im Kontakt blieb.
Die Freiwilligen, die mit mir nach Ghana entsendet wurden, traf ich manchmal übers Wochenende oder wir besuchten uns gegenseitig in unseren Projekten.

Im April 2018 nahm ich das erste Mal Kontakt mit der Partnerorganisation Anidaso Ghana e.V. auf und bekam dadurch auch den Kontakt meiner Vorfreiwilligen. Sie konnte vieler meiner organisatorischen Fragen beantworten, aber hat mir auch bewusst gemacht, dass ich alleine, unvoreingenommen in das Jahr starten und meine eigenen Erfahrungen sammeln muss.
Sie hat mir daher ein Skype Gespräch mit Gabriel (der Heimleiter und Gastvater des Anidaso Houses) organisiert. Meine ganzen Unsicherheiten lösten sich auf einmal auf, als ich mit ihm und den Kindern sprechen durfte. Ein ständiges „Don’t worry. You are welcome here in Ghana“ von Gabriel und ein bunter aufgeweckter Kinderhaufen mit aufgeregten Fragen wie „How are you?“ oder „What is your name?“ verstärkte meine große Vorfreude.
Am Flughafen wurde ich von meinem Gastvater, Sina (der damaligen Voluntärin) und einem Freund des Hauses abgeholt. Ich habe mich sofort sehr willkommen gefühlt und war gespannt auf mein kommendes Jahr.

Schon an meinem zweiten Tag brachte mein Gastvater mich zu meiner Mentorin und stellt mich ihr vor. Sehr schnell wurde sie eine sehr enge Vertraute, mit der ich mich sehr gut verstand. Da ich jeden Morgen und Nachmittag die Kinder zur Schule bringen und wieder abholen musste und der Schulbus am Laden und Haus meiner Mentorin hielt, war ich automatisch sehr regelmäßig bei ihr. Ich konnte mich mit allen Fragen und Problemen jederzeit an sie wenden.
Auch Gabriel und Caroline machten mir klar, dass ich immer zu ihnen kommen kann und ihre Zimmertür jederzeit offen für mich steht.

Eigentlich sollte es statt „Anidaso House“ eher „Anidaso family“ heißen, denn in diesem Haus hilft jeder mit wie in einer Familie. Die älteren Kinder helfen den Jüngeren und alle verhalten sich wie echte Geschwister. Ich war sehr beeindruckt, wie ich als Freiwillige sofort als total selbstverständlich in diese kleine Großfamilie aufgenommen wurde.

Sobald das erste Schuljahr begonnen hatte, kam ich schnell in einen Alltag rein.
Unter der Woche wachte ich jeden Tag um fünf Uhr morgens auf. Zuerst mussten die Kinder geweckt werden. Den Kleinsten putzte ich die Zähne, duschte sie, cremte sie ein und zog ihnen die Schuluniform an. Außerdem war ich dafür zuständig, dass die anderen Kinder alle rechtzeitig alles erledigt haben, alle ihre Hausaufgaben eingesteckt haben und allgemein alles unter Kontrolle war.
Danach brachte ich ein paar Kinder zum Schulbus und den kleinsten Jungen (3 Jahre alt) brachte ich zu Fuß zur Schule.
Sobald alle Kinder in der Schule waren, begann meine Freizeit. Diese nutzte ich, um individuelle Aufgaben für die Kinder für den Nachmittag vorzubereiten, um deren Schwächen zu trainieren. Außerdem legte ich mich häufig nochmal hin, besuchte meine Nachbarin, verkaufte mal im Store, unterhielt mich zum Beispiel mit dem Opa aus dem Haus, half der Heimleiterin beim Kochen, wusch meine Klamotten oder machte Ausflüge in andere Dörfer.
Um 3 Uhr nachmittags bin ich dann los, um den Kleinsten von der Schule und den Rest vom Schulbus abzuholen. Danach sind wir zusammen nach Hause, wo wir direkt mit den Hausaufgaben und meinen vorbereiteten Aufgaben angefangen haben. Zudem kamen immer noch bis zu fünf Nachbarskinder vorbei, die bei dem Lernprogramm teilnahmen.
Was mir besonders an dem Projekt Anidaso house gefiel war, dass ich, was die Methoden zu lernen etc. anging, sehr viele Freiheiten hatte.
Mir wurde von meinen Gasteltern nicht vorgeschrieben, wie ich mit den Kindern lernen soll, wie lange, wo oder was. Daher konnte ich meine eigenen Strategien nutzen, mit denen es mir am Leichtesten fiel.
Ich entwickelte ein Belohnungssystem, bei dem die Kinder mit gutem und konzentriertem Lernen Sterne sammeln konnten. Bei 10 Sternen durften sie sich etwas aus meiner 10-Sterne-Box aussuchen. Dies motivierte die Kinder sehr und half mir auch für ein ruhigeres Klima.
Abends aßen wir dann immer alle zusammen und ich brachte die kleinsten Kinder anschließend mit deutschen Schlafliedern ins Bett.

Der größte Grund, weshalb ich so dankbar dafür bin, im Anidaso House gewesen zu sein, ist, dass man eine unglaublich enge Bindung mit den Kindern aufbaut.
Da ich mit ihnen zusammengewohnt habe, war ich nicht nur eine Art Nachhilfelehrerin für sie, sondern gleichzeitig eine Ansprechperson bei Problemen, habe sie getröstet, wenn es ihnen mal nicht gut ging, habe Streit geschlichtet, mit ihnen rumgescherzt, Quatsch gemacht und lernte jede ihrer Persönlichkeiten sehr gut kennen.
Da fast alle Kinder im Haus sehr schnell zutraulich werden, konnte ich nach schon kürzester Zeit eine sehr enge Verbindung aufbauen und sie wuchsen mir so tief ans Herz.

Am Wochenende war immer mehr Zeit dafür, um auch mal etwas mit den Kindern abgesehen vom Lernen zu unternehmen.
So haben wir zusammen gewaschen, gespielt, gemalt, gebastelt, Sachen aus Ton gebaut, Filme geschaut, sind in die Kirche gegangen oder haben einfach nur zusammen gequatscht.
An ganz besonderen Tagen haben wir zum Beispiel mal einen Ausflug zum Strand oder Pool gemacht.

Wenn die Kinder Ferien hatten oder ab und zu am Wochenende, bin ich mit anderen Volontären aus dem Anidaso house oder den Freiwilligen vom Eine Welt Netz auf Reisen gegangen. Meistens sind wir mit Trotros (kleinen Minibussen) gereist. Da das meiste in Ghana wirklich sehr billig ist, eingeschlossen der öffentlichen Verkehrsmittel, konnte man auch in kurzer Zeit mal etwas weiter weg reisen.

Natürlich ist so ein Freiwilligendienst nicht nur mit schönen Momenten geschmückt, sondern bringt auch Schwierigkeiten mit sich. Dies ist jedoch völlig normal und ich persönlich bin mit diesen Herausforderungen sehr gewachsen.
Wenn ich heute (3 Monate nach meiner Rückkehr) auf meinen Freiwilligendienst zurückschaue, würde ich mich genauso wie damals vor meiner Abreise für dieses Projekt entscheiden!

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Kultur auf ganz besondere Weite entdecken Eindrücke unserer Freiwilligen aus dem »Anidaso House«

»Ein wahres Erlebnis« So schildert unsere Volontärin Sina ihre Eindrücke

April 2018

Hallo, ich bin Sina aus Soest und seit einem Monat lebe ich im Anidaso House. Dieses Haus wurde nur von Spendengeldern aus Europa vom Verein Anidaso Ghana e. V. im März 2016 offiziell eröffnet. Dabei handelt es sich um ein Kinderheim in Dawhenya, Ghana, wo ich insgesamt ein halbes Jahr verbringen werde.
Es ist allerdings kein typisches Waisenhaus, sondern eine große Familie. Alle Kinder (Waisen, Halbwaisen, Straßenkinder) gehen zur Schule und bleiben im Anidaso House, bis sie ihre Ausbildung bzw. ihr Studium abgeschlossen haben.
Ashaiman, der Ort, wo viele der Kinder ursprünglich herkommen, ist ein sozialer Brennpunkt Accras. Ashaiman liegt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur etwa 45 Minuten entfernt.

Meine Aufgaben hier beziehen sich zum Großteil auf die Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe aller Schulkinder, welche zwischen 5 und 16 Jahre alt sind. Aber ich bin auch für das Wecken der Kinder und Fertigmachen zur Schule verantwortlich.
Die Kinder sind von Anfang an sehr offen gewesen und haben mich sofort überall mit einbezogen, sodass meine Angst, vielleicht nicht gemocht zu werden, in dem Moment verflogen war, als ich zum ersten Mal das Haus betreten habe: Viele Kinder hatten mir zur Begrüßung Bilder gemalt und wollten mit mir meine Koffer auspacken.

Im Anidaso House gibt keine Angestellten, jedes Kind hat jeden Tag bestimmte Aufgaben zu erfüllen: das älteste Mädchen ist immer für das Essenkochen verantwortlich, die jüngeren Mädchen und Jungen wechseln sich mit Spülen ab und die älteren Jungen wischen den Boden und schlachten Hühner. Auch ihre Wäsche waschen die Kinder selbst, natürlich mit der Hand.

Anfang April kamen noch drei Besucher aus Deutschland ins Anidaso House. Ein- bis zweimal im Jahr kommt jemand vom Verein Anidaso, um vor Ort die notwendigen Dinge zu klären und den Alltag mit der Anidaso-Familie zu verbringen. Dann sind auch immer Ausflüge angesagt, die von Freunden und Bekannten der Vorstandsmitglieder finanziert werden.

Am 14. April sind wir gemeinschaftlich zuerst zu Decathlon gefahren, einem Sportcenter, um für die anstehende Regenzeit wasserdichte Jacken zu bestellen, denn in der Regenzeit gießt es wie aus Kübeln. Es war ein wahres Erlebnis, überhaupt erst einmal mit allen dorthin zu kommen. Es wurde ein sogenanntes Trotro bestellt (Kleinbus mit etwa 14 Sitzplätzen), in welches wir uns mit ca. 25 Personen gestapelt haben. Jeder hatte dabei noch ein Kind auf dem Schoß. Das hört sich erst einmal gefährlich an, ist aber völlig normal in Ghana. Und natürlich musste die Djambe auch noch mit hinein, schließlich wollten wir auf dem Weg Musik machen.

Anschließend sind wir in die Marina Mall nach Accra gefahren. Das ist ein Einkaufszentrum, in dem es auch europäische Dinge gibt, z. B. Rolltreppen und Fahrstühle. Viele der Kinder hatten Angst, sich auf die Rolltreppe zu stellen, weil sie es nicht kannten.
Als wir schließlich alle oben angekommen waren, gab es Saft, Reis, Pizza und Eis. Ein zehnjähriges Anidaso-Mädchen hat mich dann gefragt, ob ich mit ihr durch die Mall ziehe, wobei ich schnell begriffen habe, dass sie sich kein bisschen für die Läden interessiert. Stattdessen sind wir mit dem Fahrstuhl nach unten, mit der Rolltreppe nach oben und mit dem Fahrstuhl wieder runter, einfach weil sie es lustig fand.

Am 22. April waren wir gemeinschaftlich zum Schwimmen in einem Hotel mit Pool in Prampram. Mit Hilfe von Schwimmwesten habe ich versucht, einigen das Schwimmen beizubringen, da in Ghana längst nicht jeder schwimmen kann. Es wurde gemeinschaftlich im Poolrestaurant gegessen: Fried Rice, Plain Rice und Jollof (auch ein Reis mit spezieller Sauce), Salat, Chicken.

Im Anidaso House wird generell immer mit allen zusammen gegessen, manches Mal sind auch Nachbarskinder dabei. Das gilt auch für die Hausaufgaben und Studies.

Da das Anidaso House für ghanaische Verhältnisse luxuriös ist mit seinem großen Grundstück, den vielen Zimmern und sogar Wlan, habe ich das ursprüngliche Haus in Ashaiman ebenfalls besucht. Hierbei handelt es sich um ein Haus mit Innenhof und mehreren winzigen dunklen Zimmern und wenig Platz für so viele Leute. Hier wohnte die Anidaso-Familie bis Januar 2016 in drei kleinen Zimmern. Eine Dusche, eine Toilette und ein Spülstein im Hof gab es auch schon.

Die Menschen in Ghana sind sehr aufgeschlossen und freundlich. Wenn ich zu der Nachbarin gehe, an deren Shop ich vorbei komme, wenn ich die kleinen Kinder zur Schule zum Bus bringe und wieder abhole, wird mir meistens sofort eine Mahlzeit angeboten. Das Essen ist manchmal zwar scharf, aber unglaublich lecker, mein Leibgericht ist Red Red, das sind frittierte Kochbananen mit Bohnensauce.

Auch außerhalb des Kinderheims fühle ich mich wohl. Die Ghanaer sind nicht besonders aufdringlich, selbst wenn man als Frau alleine unterwegs ist und die Heiratsanträge, die ich bis jetzt bekommen habe, konnte ich immer mit Humor nehmen, weil die Leute wirklich nett sind.
Auch sonst ist Ghana ein wunderschönes Land. Insbesondere der Norden gefällt mir gut mit den Lehmdörfern. Sogar Elefanten habe ich schon gesehen und den Wli Fall, den größten Wasserfall Westafrikas.

Am 26. April wurde eine Abschiedsparty gefeiert, weil der Besuch am nächsten Tag wieder nach Deutschland gereist ist. Dabei gab es Eis, Softdrinks und jede Menge ghanaische Musik, zu der wir getanzt haben. Die Kinder hier haben die Musik wirklich im Blut, sie können super tanzen und tun dies auch gerne.

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